I KAYA LOTHANDO

Die ganze Geschichte (2004)


Das Ortsschild von Smutsville

Die erste Begegnung
Der neue Kühlschrank
Der neue Herd

Die Begegnung im Jahre 2004
Im Februar 2004 hatten wir ersten telefonischen Kontakt.
Nachdem wir nun schon einige Tage in Südafrika verbracht hatten, uns wieder eingelebt hatten, wollten wir endlich Kontakt mit Lydia Makombe aufnehmen. Allgemein bekannt ist am 1. Dezember Welt-Aidstag, daß sollte auch fuer uns die erste Begegnung mit Lydia und den Kindern sein. Beim Anruf am 30. Nov. vereinbarten wir einen Termin schon für den nächsten Tag.
Das gibt uns Gelegenheit am 1. Dezember das Provinzkrankenhaus zu besichtigen, was entsprechend des Welt-Aids Tages, einen Tag der offenen Tür veranstaltet. Was wir dort gesehen haben hat uns sehr berührt. Eine Sache - muß ich schon jetzt in diesem Bericht kurz erwähnen ,da sie so gravierend ist. Auf der einen Seite ist diese Geschichte sehr schön und dann geht sie so sehr ans Herz, weil man nicht glauben will das es so etwas gibt. Ein kleiner Junge, sieht aus wie ein Baby von knapp einem Jahr, lebt seit zwei Jahren im Krankenhaus, weil er nicht wieder in das Millieu zurück kann, aus dem er kommt, daß wuerde er nicht überleben. Die Stationsärztin betreut ihn und hat ihn dort behalten. Sie sagt, wenn es Eltern gibt, die ihn adoptieren, dann kann er gehen, sonst bleibt er hier, damit er wenigstens leben kann.

Zurück zum Treffen mit Lydia Makombe:
Das hieß fuer uns 5.00 Uhr aufstehen, denn wir hatten einen Weg von ca. 30 km zu fahren. Um 6.45 Uhr trafen wir uns an der Shell-Tankstelle in Sedgefield mit Haily der Schwiegertochter von Lydia, um mit uns in die Location zu fahren.

Zur Information: Sedgefield ist ein kleiner verschlafener Ort an der berühmten Gardenroute, ganz im Süden von Südafrika, direkt am Indischen Ozean. Am Ende des Ortes nur wenige 100 Meter vom Strand entfernt befindet sich die Location "Smutsville". Eine Ortschaft, wie sie sich hier bei uns in Deutschland niemand vorstellen kann. Eben noch fuhren wir durch eine Villengegend, mit wunderschönen Häusern, ähnlich wie im Süden mit großen Grundstücken, schönen Gärten und allem Luxus und ein paar Meter weiter, Hütten gebaut aus allem was man sich vorstellen kann, zusammengetragen, zusammengebaut, genagelt, gestapelt um es irgendwie nach Behausung aussehen zu lassen und zu benutzen. Dazwischen, wer etwas mehr Geld verdienen konnte, einige Steinhäuser oder bessere Holzhütten, alles sehr klein und beengt.

Haily fährt also mit dem von der Kirche gestifteten VW Bus voraus und wir hinterher. Nach ein paar Kurven rechts und links dann in eine Straße hinein, wir halten vor einem nach Stall aussehendem Gebäude. Lydia Makombe steht vor der Tür und erwartet uns schon, es ist gerade sieben Uhr, ein paar Kinder sind auch schon da um die einzig warme Mahlzeit am Tag aus Lydias Suppenküche zu bekommen. Die Küche heißt "Ma Lyse soopcombuis" Mutter Lydia`s Suppenküche. Wir werden herzlich begrüßt als würden wir uns schon ewig kennen. Die Kinder sitzen an einem langen Tisch, Blechtassen für den Tee und auf einigen Tellern türmen sich die Weißbrote (ähnlich wie Toastbrote) mit Marmelade. In der sogenannten Küche (Photo) steht eine alte Dame am Herd und kocht Suppe in einer Art Einkochkessel, die einzige warme Mahlzeit für die Kinder am Tag. Bei dem Herd heizt nur noch eine Platte er hat auch bestimmt vor 30 Jahren schon mal besser ausgesehen. Die Dame, die Lydia hilft ist auch schon sehr alt. Doch zumindest hat sie eine Aufgabe, was im Leben eines Menschen das Wichtigste ist. Die Küche ist eine Katastrophe, es gibt einen Unterbauschrankaus besseren Tagen, der nicht abzuschließen ist, was Lydia sehr bedauert, denn es wird auch von den Ärmsten der Armen noch Zucker, Marmelade und Brot geklaut, also darf sie nicht so viel an Vorrat dort stehen haben. Ein alter 150 ltr. Kühlschrank bei dem die Tür nicht mehr zu schließen ist und nur noch das obere Scharnier hat, dient mehr als Ablage, denn kühlen tut der schon lange nicht mehr. Im Kühlschrank, sowie in zwei ausgedienten Microwellenherden verwahrt Lydia selbstgemachte Medizin - Hustensaft, Massageöl und Salbe für die Aids- und Tuberkolosekranken und alten kranken Menschen im Ort, die sie nun noch neben den Kindern, nach ihrer Pensionierung als Krankenschwester versorgt.

Bis 1985 kümmerte sich Lydia in ihrem eigenen Haus um die Aids-Waisen. Seit ihrer Pensionierung (mit 750 Rand Rente) sind es auch die alten und kranken Menschen in Smutsville, sowie Vergewaltigungsopfer, die auf ihre Hilfe angewiesen sind.

Haily, ihre Schwiegertochter sagt, es ist ihr noch heute ein Rätsel, wie ein Mensch so ein großes Herz haben kann. Lydias Sohn ist Pastor in der Gemeinde Smutsville und arbeitet an zahlreichen Projekten zur Aufklärung gegen Alkoholmißbrauch (was ein ganz großes Problem ist) Drogen und natürlich Aids mit den Bewohnern des Ortes, speziell aber mit den Kindern, denn auch er ist der Meinung in den Kindern liegt die Zukunft und wir müssen die Kinder auf den richtigen Weg bringen. Bei der Armut, bei den äußeren Umständen den Wohnmöglichkeiten und der ganzen Struktur innerhalb des Ortes, möchte man nach europäischen Verhältnissen am liebsten das Weite suchen und sich das nicht antun. Aber genau das wäre falsch! Wenn man die Möglichkeit bekommt nur ein wenig zu ändern, dann ist das schon in Ordnung. Und was das Schöne ist, bei dieser ganzen Sache, daß die Menschen sehr freundlich und positiv sind.

Nachdem wir mit einigen Kindern gesprochen haben, Lydia achtet darauf, dass die Kinder sich korrekt benehmen, glauben wir wirklich fast es wären alles ihre eigenen Kinder. Sie hat für jedes Kind ein nettes Wort und wenn einmal was nicht in Ordnung sein sollte so bringt sie das in Ordnung, sie ist wirklich ein großartiger Mensch.

Ihre größte Sorge ist, daß sie diesen Platz, der gemietet ist, (für 650,- Rand) irgendwann verlassen müßte, weil der Eigentümer vielleicht das Gebäude verkauft. Wohin dann mit den Kindern? Zur Zeit sind es 75 Kinder und viele alte und kranke Menschen. Um dieses verfallene Gebäude zu kaufen benötigt sie Rand 80 000,- das sind etwa 10.000,- Euro, dann würde es den Kindern gehören und die Suppenküche wäre nicht in Gefahr. Aber woher das Geld nehmen? Dann würden sie es gerne renovieren, um es besser nutzen zu können und das kostet natürlich auch eine Menge Geld. Deshalb hatte sie Anfang des Jahres in einem Frauenmagazine einen Artikel setzen lassen, in der Hoffnung daß sich vielleicht etwas tut und irgend jemand helfen könnte. Doch leider war, außer einer Person, die einen kleinen Geldbetrag stiftete dieser Versuch gescheitert. Beachtenswert ist jedoch, das Lydia, Ihr Sohn, Schwiegertochter und die Kinder so positiv sind und daran glauben, daß irgendwann etwas passieren wird. Warum? Sie haben ein Modell aus Papier gebastelt und dieses Modell soll einmal Wirklichkeit werden und zwar dann, wenn das verfallenen Gebäude gekauft ist und man es entsprechend verändern kann, so daß die Kinder weiterhin zum Essen kommen können, aber auch ihre Zeit nach der Schule dort verbringen können, um vielleicht mit dem Computer umgehen zu können, ein Instrument zu erlernen oder vielleicht auch ein Handwerk. In diesem Elend so große Träume zu haben ist bewundernswert. Die Fröhlichkeit und der Optimismus ist Einzigartig. Da fallen mir gleich wieder unsere Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger ein und die Menschen die ständig etwas zu meckern haben. Einen Tag "Smutsville", so wie das Leben hier ist, ohne Geld und auf die Hilfe und das Wohlwollen von anderen Dorfbewohnern angewiesen zu sein, es würde wahrlich niemand mehr meckern in Deutschland. Aber das ist eine andere Sache. Hier geht es jetzt darum etwas zu tun.

Nun für uns bzw. für Lydia und die Kinder sind erst einmal ein paar Dinge ganz Wichtig: Zunächst brauchen wir einen Kühlschrank, einen Herd und vielleicht einen abschließbaren Küchenschrank. Da meine Tennisfreunde sowie einige andere liebe Menschen die wir kennen uns schon etwas Geld mitgegeben haben, können wir uns gleich daran machen um diese Dinge gebraucht, aber noch in einem funktionierenden Zustand zu besorgen. In Deutschland wäre das überhaupt kein Problem, da gibt es gute gebrauchte Dinge, die man günstig kaufen kann, aber in Afrika sind Kühlschränke und Herde sehr sehr teuer und wenn man etwas gebrauchtes findet, dann ist es meistens das Geld nicht Wert, aber wir haben ja Zeit und können schauen und die Zeitung studieren, wir werden gewiss etwas finden.

Nun rasen wir schon fast 10 Tage rum und haben noch immer keinen Kühlschrank, wir waren auf Auktionen, in Secondhandläden, bei Privatleuten entweder war es zu teuer oder es war so alt, so schmutzig das man die Geräte nicht mal mit der Kneifzange anfassen wollte. Aber auch wir sind sehr positiv und geben die Hoffnung nicht auf. Freitags erscheint hier in der Gegend eine kleine lokale Zeitschrift wo Leute alles Mögliche verkaufen. Da bietet Jemand einen Kühlschrank an. Es stellt sich heraus, das es ganz in der Nähe von Smutsville ist, wir fahren dort hin und begutachten das alte Stück. Er ist zwar alt, funktioniert und ist sauber. Mit dem Preis können wir noch etwas verhandeln, da wir unser Anliegen anbringen, der Kühlschrank sei nicht für uns persönlich sondern für Jemand in Smutsville. Wie es der Zufall will, kennen diese Leute Lydia, ihren Sohn und alles was damit zusammenhängt, denn diese Menschen sind sehr mit der Kirche verbunden und da kennt man sich halt hier, anders als vielleicht bei uns, wo man sich manchmal nicht mal in der Gemeinde kennt. Wir bezahlen machen einen Termin aus, ich benachrichtige Lydia, wir haben einen Kühlschrank, kann ihn jemand abholen. Henry (Lydias Sohn) kennt so viel Leute, das dürfte kein Problem sein. Montag 12.00 Uhr verabreden wir uns.

Kein Problem, Henry kommt mit einem Hänger und einem Helfer, der Kühlschrank wird verladen und ab damit nach Smutsville. Lydia und einige Jungs sind schon dort und erwarten uns. Die Teenager sind ganz begeistert und wollen auch gleich zeigen, daß sie kräftig genug sind mit anzupacken. Eins, zwei, drei, steht der Kühlschrank in Ma Lyias Suppen Küche. Alle freuen sich riesig, endlich ein großer Kühlschrank der funktioniert. Wir wünschen schöne Weihnachten und versprechen uns alsbald nach einem Herd zu erkundigen.

Seit Tagen sind wir schon wieder unterwegs um einen gut gebrauchten Herd zu kaufen es ist aber auch in diesem Fall nicht viel anders als mit dem Kuehlschrank. Was man in Secondhand Läden an gebrauchten Dingen angeboten bekommt, würde in Deutschland auf dem Schrottplatz landen. Wir geben aber nicht auf, denn es wird auch wieder eine Gelegenheit kommen um einen guten gebrauchten Herd zu kaufen, wir halten unsere Augen offen. Nun haben wir endlich einen Herd gefunden, doch wir können ihn nicht kaufen, weil der Inhaber des Ladens schon einen kleinen Geldbetrag als Anzahlung von Jemand vor 2 Monaten bekommen hat. Er verlängert die Frist ständig für denjenigen, der diesen Herd kaufen will. Wir sind seit Neujahr fast täglich dort und fragen nach ob der Herd schon abgeholt ist. Nein, noch nicht, jetzt vereinbaren wir, wenn der Herd bis zum 10. Januar nicht abgeholt wird, können wir ihn für Smutsville kaufen. Wir beten, daß wir den Herd bekommen.

Einen Küchenschrank haben wir inzwischen auch in dem Secondhandladen gefunden. Es ist der 10. Januar 2005. Wir wollen nun endlich wissen ob der große Herd für uns zu kaufen ist. Endlich haben wir die Zusage.

Der Transport wird organisiert und der Herd geht nach Smutsville. Aber ohne eine richtige Stromverbindung wollen wir den Herd nicht anschließen, denn das ist zu gefährlich. Man schließt nämlich hier kurzerhand diese Geräte an eine normale Stromversorgung und da kann man sich vorstellen was da passieren kann. Somit muß nun noch ein Elektriker kommen, eine Leitung legen und dann wird der Herd angeschlossen und Lydia ist überglücklich.


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